„Mut ist nicht immer lautes Gebrüll. Manchmal ist er die leise Stimme am Ende des Tages, die flüstert: Morgen probiere ich es wieder.“
(M. A. Rademacher)
Als ich vor vielen Jahren die Diagnose einer globalen Entwicklungsstörung für meinen Sohn bekam, habe ich mir oft gewünscht in dieser verwirrenden Zeit jemanden zum Gespräch an meiner Seite zu haben. Einen Menschen, der meine Nöte und Sorgen kennt, aber nicht zu meiner Familie gehört. Ich wünschte mir mit jemanden sprechen zu können, der mich versteht in meiner Angst, in meiner Verletzlichkeit und in meiner Unsicherheit. Jemanden, der mir aber auch gleichzeitig die Zuversicht und den Mut gibt, mich den neuen Gegebenheiten zu stellen.
Oft belastet die Diagnose eines behinderten Kindes das gesamte Familiensystem auf eine Art, mit der die wenigsten Eltern rechnen. Jeder trauert auf seine Art, jeder verarbeitet diese Neuigkeit mit eigenen Strategien, die jedoch oftmals nicht sofort zusammenpassen. Es braucht Zeit und eine echte Bereitschaft, sich gemeinsam der großen Herausforderung zu stellen. Es braucht Mut, jeden Tag so zu nehmen wie er ist, ohne zu verzagen und den Ängsten einen zu großen Raum zu geben. Nicht zuletzt braucht es manchmal auch ein trotziges „Na und“ und ein „Jetzt erst recht“ um dem Druck stand zu halten. Der Weg, der vor Ihnen liegt ist ein besonderer und es lohnt sich, einen erfahrenen Begleiter an der Seite zu haben. In den vergangenen Jahren habe ich großartige Eltern kennengelernt, konnte Netzwerke knüpfen und Erfahrungen sammeln, die ich gerne in einer sehr individuellen Form der Beratung mit Ihnen teilen möchte. Sehr berührt hat mich in diesem Kontext die Pinguin-Geschichte von Eckart von Hirschhausen, auf die ich hier gerne hinweisen möchte.
… oder: Wie man sich in seinem Element fühlt.
Diese Geschichte ist mir tatsächlich passiert. Ich war als Moderator auf einem Kreuzfahrtschiff engagiert. Da denkt jeder: „Mensch toll! Luxus!” Das dachte ich auch. Bis ich auf dem Schiff war. Was das Publikum angeht, war ich auf dem falschen Dampfer. Die Gäste an Bord hatten sicher einen Sinn für Humor, ich hab ihn nur in den zwei Wochen nicht gefunden. Und noch schlimmer: Seekrankheit hat keinen Respekt vor der Approbation. Kurzum: ich war auf der Kreuzfahrt kreuzunglücklich.
Endlich! Nach drei Tagen auf See, fester Boden. „Das ist wahrer Luxus!” Ich ging in einen norwegischen Zoo. Und dort sah ich einen Pinguin auf seinem Felsen stehen. Ich hatte Mitleid: „Musst du auch Smoking tragen? Wo ist eigentlich deine Taille? Und vor allem: hat Gott bei dir die Knie vergessen?” Mein Urteil stand fest: Fehlkonstruktion.
Dann sah ich noch einmal durch eine Glasscheibe in das Schwimmbecken der Pinguine. Und da sprang „mein“ Pinguin ins Wasser, schwamm dicht vor mein Gesicht. Wer je Pinguine unter Wasser gesehen hat, dem fällt nix mehr ein. Er war in seinem Element! Ein Pinguin ist zehnmal windschnittiger als ein Porsche! Mit einem Liter Sprit käme der umgerechnet über 2500 km weit! Sie sind hervorragende Schwimmer, Jäger, Wasser-Tänzer! Und ich dachte: „Fehlkonstruktion!” Diese Begegnung hat mich zwei Dinge gelehrt. Erstens: wie schnell ich oft urteile, und wie ich damit komplett daneben liegen kann. Und zweitens: wie wichtig das Umfeld ist, ob das, was man gut kann, überhaupt zum Tragen kommt.
Wir alle haben unsere Stärken, haben unsere Schwächen. Viele strengen sich ewig an, Macken auszubügeln. Verbessert man seine Schwächen, wird man maximal mittelmäßig. Stärkt man seine Stärken, wird man einzigartig. Und wer nicht so ist, wie die anderen sei getrost: Andere gibt es schon genug! Immer wieder werde ich gefragt, warum ich das Krankenhaus gegen die Bühne getauscht habe. Meine Stärke und meine Macke ist die Kreativität. Das heißt, nicht alles nach Plan zu machen, zu improvisieren, Dinge immer wieder unerwartet neu zusammen zu fügen. Das ist im Krankenhaus ungünstig. Und ich liebe es, frei zu formulieren, zu dichten, mit Sprache zu spielen. Das ist bei Arztbriefen und Rezepten auch ungünstig. Auf der Bühne nutze ich viel mehr von dem was ich bin, weiß, kann und zu geben habe. Ich habe mehr Spaß, und andere haben mit mir mehr Spaß. Live bin ich in meinem Element, in Flow!
Menschen ändern sich nur selten komplett und grundsätzlich. Wenn du als Pinguin geboren wurdest, machen auch sieben Jahre Psychotherapie aus dir keine Giraffe. Also nicht lange hadern: Bleib als Pinguin nicht in der Steppe. Mach kleine Schritte und finde dein Wasser. Und dann: Spring! Und Schwimm!
Und du wirst wissen, wie es ist, in Deinem Element zu sein
(Dr. Eckart von Hirschhausen)